Tiergesundheit und Tierwohl - die großen Herausforderungen

Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist im Wandel begriffen – Tiergesundheit bleibt wichtiger Eckpunkt für die Lebensmittelsicherheit 

Das zurückliegende Agrarjahr war auch ein Jahr, in dem die landwirtschaftliche Nutztierhaltung erneut im Fokus stand, im Guten wie im Schlechten. Milch- und Schweinepreise machten den Betrieben ebenso zu schaffen wie die Akzeptanzkrise der Nutztierhaltung. Allen Widrigkeiten zum Trotz werden in Deutschland nach wie vor tierische Lebensmittel auf höchstem Standard erzeugt. 

Die Herausforderungen des neuen Jahres sind bekannt. Sie heißen Ringelschwanzprämie und Verbot der betäubungslosen Kastration. Die Diskussion um Bestandsgrößen wird weitergehen. Ein staatliches Tierschutzlabel soll das Vertrauen der Verbraucher sichern. Die Tierwohlinitiative wird weitergeführt. Die ganz große Frage, wie die deutsche Landwirtschaft der Zukunft aussehen soll, steht im Raum. 

Größe ist nicht entscheidend 

Bereits 2015 empfahl der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, die Brancheninitiative Tierwohl auszuweiten und neue Tierschutzstandards zu schaffen. Eine Begrenzung der Bestände auf eine festzusetzende Bestandsgröße war in den Eckpunkten des Gutachtens jedoch nicht zu finden. Der Beirat kritisierte sogar eine zu starke Fokussierung der gesellschaftlichen Diskussion auf die Größe von Betrieben. Bedeutender seien andere Faktoren, wie etwa die Qualität des Bestandsmanagements. 

Funktionierendes Netzwerk 

Ein gutes Bestandsmanagement hat stets die Gesundheit der Tiere im Blick, denn nur mit gesunden Tieren kann der Landwirt nachhaltig wirtschaften und qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen. Es umfasst alle Faktoren, die im Zusammenhang mit der Tierhaltung eine Rolle spielen. Die Liste ist lang: Stallbau, Stallklima, Tierwohlkriterien, Futterqualität oder auch gut ausgebildete Arbeitskräfte sind nur einige Beispiele. Der Tierhalter kann dabei auf ein weit gespanntes Netzwerk von Experten zurückgreifen. In den Ställen laufen die Fäden zusammen, aus denen Tierwohl, Tiergesundheit und Lebensqualität „gesponnen“ werden. Der Tierarzt nimmt dabei eine Schlüsselfunktion ein. Er ist seit vielen Jahren nicht mehr nur kurativ tätig, sondern vermehrt auch beratend in der Bestandsbetreuung eingebunden und so maßgeblich an der Wirtschaftlichkeit der Nutztierhaltung sowie an Qualitäts- und Sicherheitsaspekten der landwirtschaftlichen Produktion beteiligt. Die Bestandsbetreuung ist integraler Bestandteil des Gesundheitsmanagements von Tierbeständen. Sie beinhaltet ein ganzheitliches und nachhaltiges Tiergesundheits- und Hygienemanagement, das Krankheiten verhüten und Tierwohl gewährleisten soll. Dazu gehören Impfprogramme und auch der fachlich begründete und damit gezielte Einsatz von Tierarzneimitteln durch den Tierarzt sowie die Minimierung des Antibiotikaeinsatzes. Der Tierarzt kümmert sich darüber hinaus um ein geeignetes Gesundheitsmonitoring und berät bei zusätzlichen Maßnahmen, um den Bestand vor Krankheitserregern zu schützen oder deren Ausbreitung zu verhindern, beispielsweise durch Reinigung, Desinfektion oder andere hygienische Maßnahmen. Er unterstützt den Tierhalter in allen Belangen eines guten Bestandsmanagements. Durch den Berufsstand formulierte Leitlinien bilden dafür die Basis. 

Gesetze bilden den Rahmen 

Mit der 16. AMG-Novelle wurden umfangreiche Regelungen zur Anwendung von Antibiotika beim Nutztier eingeführt und die Rolle von Landwirten und Tierärzten zur kontrollierten Anwendung von Tierarzneimitteln unterstrichen. Auf europäischer Ebene hat man sich im vergangenen Jahr auf ein neues Tiergesundheitsgesetz (Animal Health Law) geeinigt. Dabei geht es in erster Linie darum, Tierkrankheiten besser bekämpfen zu können. Ein Schwerpunkt ist dabei die Eindämmung von Tierseuchen. Der Erfolg aller Bemühungen hängt davon ab, ob die Gesellschaft diese auch anerkennen wird. Hier besteht noch Aufklärungsbedarf. Eine europäische Umfrage hat ergeben, dass ein Großteil der Verbraucher nicht weiß, dass Tierarzneimittel helfen oder notwendig sind, um Tiere gesund zu halten und so zu sicheren Lebensmitteln beitragen. Vielmehr stehen Verbraucher tiergesundheitlichen Maßnahmen auf der Basis von Medikamentengabe eher skeptisch gegenüber. Mehr Informationen über Tierarzneimittel und ihre Rolle bei der Lebensmittelproduktion sind also nach wie vor notwendig. 

BU:

Ringelschwanzdiskussion.

Mit einer Prämie soll zukünftig der Mehraufwand, der beim Kupierverzicht entsteht, von der abnehmenden Hand vergütet werden.