20.06.2013

Hintergrundinformationen - Importhunde - die Leishmaniose reist mit

Wer einmal offenen Auges in den Süden gereist ist, kennt das Hunde-Elend in den "Traum"-Urlaubsorten. Streunende Hunde, die sich unkontrolliert vermehren, bestimmen häufig das Straßenbild. Das weckt in vielen Tierfreunden den Wunsch zu helfen und den herrenlosen Hunden in Deutschland ein neues Zuhause zu geben.

Die Vermittlung herrenloser Hunde wird sehr oft über entsprechende Internetportale abgewickelt. Der Import eines Hundes aus Süd- und Osteuropa ist jedoch mit einigen erheblichen Risiken behaftet. Denn dort existieren Krankheiten, die bisher in unseren Breiten nicht oder kaum heimisch und daher vielen Menschen nicht bekannt sind. Einige dieser Krankheiten sind unbehandelt für den Hund tödlich oder können ihn zumindest schwer schädigen. Zum Teil sind sie auch für Menschen nicht ungefährlich.

Die häufigste Infektionserkrankung ist die Leishmaniose. Die Leishmaniose-Situation hat im mediterranen Raum in den letzten 20 Jahren dramatisch zugenommen. Auch wenn längst nicht alle Hunde aus dem Süden krank sind, gibt es Regionen, in denen ein sehr hoher Prozentsatz aller Hunde infiziert ist. Man geht davon aus, dass in den betroffenen europäischen Regionen von insgesamt 15 Millionen Hunden etwa 2,5 Millionen den Erreger der Leishmaniose in sich tragen. Ein Grund liegt darin, dass streunende, ausschließlich im Freien lebende Hunde in besonderem Maße den Stichen der Mücken, die den Erreger übertragen, ausgesetzt sind. Zudem fehlt den herrenlosen Tieren jegliche medizinische Betreuung. Auch in Deutschland leben mittlerweile rund 20.000 mit Leishmaniose infizierte Hunde. Vor allem der Import von Tieren aus endemischen Gebieten - das sind vor allem die Mittelmeerländer sowie osteuropäische Staaten - und reisebegleitende Hunde haben bei uns zu diesem Anstieg der Leishmaniose geführt.

Infektionswege
Die Leishmaniose ist eine Zoonose, an der auch Menschen erkranken können. Erreger ist ein Parasit, der über den Stich von Sandmücken übertragen wird. Direkte Übertragungen von Tier zu Tier oder Tier zu Mensch wurden bisher sehr selten nachgewiesen. Es gibt einige Fälle, bei denen bislang nicht klar ist, wie sich Hunde infizieren konnten, ohne in einem Endemiegebiet gewesen zu sein. Untersuchungen einer an Leishmaniose erkrankten Hündin deuten darauf hin, dass eine Übertragung über die Plazenta im Mutterleib möglich, wenn auch nicht zwangsläufig ist. Es kann innerhalb des Wurfes einer infizierten Hündin sowohl infizierte wie nicht infizierte Welpen geben.

Hunde sollten wegen der häufig auftretenden offenen Ekzeme nicht zu kleinen Kindern und immunsupprimierten Personen gelassen werden. Der Übertragungsweg durch Wundsekret infizierter Hunde wird diskutiert, allerdings ist bisher kein Fall bekannt geworden. Eine Übertragung von Leishmanien durch Hundebisse, Speichel oder frisches Blut ist dagegen unwahrscheinlich.

Nicht nur die Sandmücke
Eine weitere Verbreitungsmöglichkeit ist die Mücke selber. Im Zuge des Klimawandels wandern Insekten aus den wärmeren südlichen Ländern vermehrt in Richtung Norden. Diese sogenannten invasiven Arten finden hier inzwischen passende Lebensbedingungen. Darüber hinaus wird vermutet, dass auch andere Mückenarten (vektorkompetente Stechmücken) in der Lage sind, die Leishmaniose-Erreger zu übertragen. In Deutschland geht jedoch nach wie vor das größte Gefährdungspotential von Importhunden aus.

Hoher Leidensdruck für kranke Tiere
Die Symptome der Leishmaniose sind sehr variabel. Während einige Hunde keine klinischen Symptome zeigen, erkranken andere schwer. Die Symptome beginnen oft mit fortschreitender Müdigkeit und Bewegungsunlust, massivem Gewichtsverlust und Muskelatrophie sowie Koordinationsstörungen und Sekundärerkrankungen durch Immunsuppression. Die Erreger der Leishmaniose können sich auch in den inneren Organen vermehren. Betroffen sind vor allem die Nieren, aber auch das Knochenmark. In über 90 Prozent der Fälle finden sich auch die typischen Hautsymptome. Zeichen des Befalls sind hier Hautveränderungen mit einer meist nicht-juckenden Dermatitis und Haarausfall (Alopezie) z. B. des Nasenrückens und der Ohrenspitzen sowie periorbitale Alopezie (Brillenbildung), die von großen, leicht fettigen, kreideweißen Schuppen bedeckt ist.

Die Inkubationszeit beträgt drei Monate bis sieben Jahre. Die Leishmaniose verläuft meist tödlich, Behandlungen bis zur vollständigen Heilung sind kaum möglich. Weil die Leishmaniose eine chronische Erkrankung ist, muss immer wieder mit Rückfällen gerechnet werden.

Importhunde bergen hohes Gefährdungspotential
Nordwesteuropäische Tierschutzorganisationen haben sich zum Ziel gesetzt, das Hundeelend in den betroffenen Ländern zu lindern. Sie sammeln die Tiere vor Ort ein und organisieren die Vermittlung und den Transport in aufnahmebereite Haushalte. Dies geschieht meist über Internetportale. Es wird darüber diskutiert, ob dies der richtige Weg ist oder ob es nicht sinnvoller wäre, die Situation der Hunde vor Ort zu verbessern.

Die Hilfsbereitschaft der Hundefreunde in Deutschland aber ist groß. Das ruft auch die üblichen "schwarzen Schafe" auf den Plan, die mit der Vermittlung von Hunden die schnelle Mark verdienen wollen. Es gilt, diesen Geschäftemachern, die unter dem Deckmantel des Tierschutzes agieren, nicht auf den Leim zu gehen, sondern nur mit seriös arbeitenden Organisationen eine Hundevermittlung abzuschließen. Seriöse Vermittler übergeben in der Regel auch nur auf Leishmaniose oder andere "Mittelmeer-Krankheiten" getestete Tiere. Hierfür stehen grundsätzlich folgende Untersuchungen zur Verfügung:

● Bluttest auf Antikörper gegen den Leishmaniose-Erreger (frühestens 6-8 Wochen nach Reise/Import),

● Untersuchung von Gewebeproben (z. B. Lymphknoten, Knochenmark) unter dem Mikroskop zum Nachweis des Erregers in den Zellen,

● molekularbiologische Untersuchung (PCR) von Gewebeproben (z. B. Knochenmark) zum „genetischen“ Nachweis des Erregers.

Auch wenn die Tests sehr sicher sind, kann es doch einmal passieren, dass eine Infektion übersehen wird. Die Therapie eines erkrankten Hundes erfordert dann spezielle Medikamente, die nur der Tierarzt verschreiben kann. Diese lindern die Symptome der Erkrankung. Bei einer Leishmaniose ist häufig eine lebenslange Therapie des Hundes erforderlich. Wird die Leishmaniose nicht behandelt, sterben 90 Prozent der infizierten Hunde innerhalb der ersten zwölf Monate. Meist tritt der Tod infolge eines Nierenversagens (Niereninsuffizienz) ein.

Reisebegleitende Hunde können durch eine Impfung vor Ansteckung im Urlaubsland geschützt werden.

Was noch gefährlich werden kann
Weitere schwerwiegende Krankheiten sind die Herzwurmkrankheit, die Kutane Filariose, die Babesiose, die Ehrlichiose sowie die Hepatozoonose. Zu diesen Krankheiten finden Sie hier weitere Informationen:
www.bft-online.de/presse/kleintiergesundheit/reisekrankheiten-urlaub-mit-dem-hund/hintergrundinformationen-reisekrankheiten-urlaub-mit-dem-hund/

Auch die Tollwut ist noch in weiten Teilen der Welt verbreitet. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich rund 55.000 Menschen an Tollwut. Deutschland gehört zu den Ländern Europas, in denen durch systematische Bekämpfungsmaßnahmen, vor allem durch die orale Immunisierung der Füchse, die Tollwut bei Wild- und Haustieren getilgt werden konnte. Nur ein einziger, mit Tollwut infizierter Importhund, kann sehr drastische Maßnahmen nach sich ziehen, wie ein Fall aus Lörrach zeigt. Dort wurde 2008 an einem aus Kroatien importierten Hund Tollwut diagnostiziert. Zum einen musste das Tier eingeschläfert werden. Betroffen waren aber auch 27 weitere Personen, die Kontakt zu diesem Hund hatten und deshalb geimpft werden mussten. Alle Hunde und Katzen mit nachweislichem Kontakt zum "Tollwuthund", die über keinen ausreichenden Impfschutz verfügten, mussten in Quarantäne überwacht werden. Im Jahr 2011 wurden über 100 Tollwutfälle bei Haustieren in Osteuropa festgestellt. Aus Frankreich wurde im gleichen Jahr ein Tollwut infizierter Importhund aus Marokko gemeldet. Diese Zahlen belegen, wie wichtig es ist darauf zu achten, Hunde nur über seriöse Vermittler aufzunehmen und auf einen gültigen Tollwutimpfschutz zu achten.

 


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Weitere Informationen:
Bundesverband für Tiergesundheit e.V.
Dr. Sabine Schüller
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