30.06.2022

Hintergrundinformation: Leishmaniose – eine tückische Importkrankheit auf dem Vormarsch

In den letzten Jahren stieg die Zahl der aus dem Ausland importierten Hunde stetig an.  Schätzungen zufolge nehmen deutsche Haushalte im Jahr etwa 1 Million Hunde auf, die Hälfte der Tiere stammt aus dem Auslandstierschutz. Dabei beachten nur wenige der neuen Tierhalter, dass in den Herkunftsländern vielfach Krankheiten existieren, die bisher in unseren Breiten nicht oder kaum heimisch sind. Oftmals sind diese Erkrankungen auch jenen Tierhaltern unbekannt, die ihre „Familienmitglieder“ mit in den Urlaub nehmen, beispielsweise nach Südosteuropa oder in den Mittelmeerraum. Einige dieser Erkrankungen, wie die Leishmaniose, sind unbehandelt für den Hund tödlich oder können ihn zumindest schwer schädigen. Auch gehört diese Infektionskrankheit zu den Zoonosen und kann vom Tier auf den Menschen übertragen werden.  

Sandmücken als Krankheitsüberträger

Einzellige Blutparasiten (Leishmania infantum), die durch den Stich von Sandmücken (Phlebotomus spp.) übertragen werden, lösen die Leishmaniose aus. Vor allem im Mittelmeerraum, in Afrika und im Nahen Osten kommen Sandmücken endemisch vor. Vereinzelt wurden Sandmücken aber auch schon in Deutschland nachgewiesen, so in Regionen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Forscher verfolgen das Vorkommen der Sandmücken genau. Wichtiges Ergebnis der Sandmückenforschung: Die Sandmücke wandert nach Norden. Sie hat sich mittlerweile schon nördlich von Kaiserslautern angesiedelt. Bisher handelt es sich nur um die Sandmücken-Art Phlebotomus mascittii, die mit Blick auf eine mögliche Rolle als Überträger von Experten als weniger kritisch angesehen wird, da sie zu ihrer Vermehrung keine Blutmahlzeit benötigt. Auch in anderen mitteleuropäischen Ländern, etwa in Frankreich, Belgien und Österreich, hat man schon Sandmücken entdeckt. Experten gehen davon aus, dass sich durch die Klimaerwärmung auch andere Sandmücken-Arten weiter gen Norden ausbreiten und auch nach Deutschland kommen werden. Damit steigt dann auch hierzulande das Infektionsrisiko.

Die Zahl der mit Leishmaniose infizierten Hunde in Deutschland wird mittlerweile auf rund 100.000 – 150.000 geschätzt und sie steigt weiter an. Mit Abstand am häufigsten betroffen sind Importhunde und Hunde, die reisebegleitend in Endemiegebieten waren. Die Infektion kann aber auch beim Deckakt und von tragenden Hündinnen auf ihre Welpen übertragen werden. Finden Sandmücken aufgrund verbesserter Temperaturbedingungen auch in nördlich gelegeneren Gebieten ein neues Zuhause, wird die Mücke auch hier zum wichtigen Überträger der Parasiten.

Hoher Leidensdruck für kranke Tiere

Tückisch an der Leishmaniose ist die lange Inkubationszeit, die zwischen 4 Wochen und mehreren Jahren beträgt. Ein direkter Zusammenhang zur Reise wird dann häufig vom Tierhalter nicht mehr hergestellt. Auch zeigen Hunde aus Endemiegebieten zum Teil eine relativ hohe Resistenz gegen die Entwicklung klinischer Symptome, obwohl sie den Erreger latent in sich tragen. Sie haben sich quasi schon an das Leben mit dem Erreger „angepasst“. Während einige Hunde (über lange Zeit) keine klinischen Anzeichen zeigen, erkranken andere aber schwer.

Dabei sind die Symptome der Leishmaniose sehr variabel. Sie zeigen sich oft in fortschreitender Müdigkeit und Bewegungsunlust, massivem Gewichtsverlust und Muskelatrophie sowie Koordinationsstörungen und Sekundärerkrankungen durch Immunsuppression. In über 90 Prozent der Fälle finden sich die typischen Hautsymptome. Zeichen des Befalls sind hier Hautveränderungen mit einer meist nicht-juckenden Entzündung der Haut (Dermatitis) und Haarausfall (Alopezie), z. B. des Nasenrückens und der Ohrenspitzen sowie um die Augen (Brillenbildung) und an den Gelenken. Auch Augenveränderungen sind häufig. Die Erreger der Leishmaniose können sich auch in den inneren Organen vermehren. Betroffen sind vor allem die Nieren, aber auch das Knochenmark.

Eine unbehandelte Leishmaniose verläuft meist tödlich, rund 90 % der erkrankten Hunde sterben innerhalb eines Jahres. Meist tritt der Tod infolge eines Nierenversagens ein. Da eine Behandlung bis zur vollständigen Heilung kaum möglich ist, begleitet die chronische Erkrankung das geliebte Haustier sein Leben lang und es muss immer wieder mit Rückfällen gerechnet werden. Die Therapie eines erkrankten Hundes ist aufwendig und erfordert spezielle Medikamente, die nur der Tierarzt verschreiben kann. Diese können die Symptome lindern. In einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist die Prognose auch trotz Behandlung vorsichtig zu stellen, da etwa 10 % der Hunde nur schlecht oder gar nicht auf die Therapie ansprechen. Für erkrankte und symptomfreie Tiere wird eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte empfohlen, um Veränderungen frühzeitig erkennen und behandeln zu können.  

Importe nur aus seriösen Quellen

Wer einen Hund aus dem Auslandstierschutz importieren möchte, sollte sich daher nur an seriöse Vermittler wenden. Diese übergeben in der Regel auch nur auf Leishmaniose oder andere "Mittelmeer-Krankheiten" getestete Tiere. Hierfür stehen grundsätzlich folgende Untersuchungen zur Verfügung:

● Bluttest auf Antikörper gegen den Leishmaniose-Erreger (frühestens 6-8 Wochen nach Reise/Import),

● Untersuchung von Gewebeproben (z. B. Lymphknoten, Knochenmark) unter dem Mikroskop zum Nachweis des Erregers in den Zellen,

● molekularbiologische Untersuchung (PCR) von Gewebeproben (z. B. Knochenmark) zum „genetischen“ Nachweis des Erregers.

Bei der Bestimmung der Antikörper-Titer ist zu beachten, dass die Titer verschiedener Labors nicht miteinander verglichen werden können. Daher empfiehlt es sich, für Folgekontrollen das gleiche Labor zu nehmen. Auch wenn der Hund bereits im Ausland getestet wurde, ist eine Wiederholungsuntersuchung ratsam. Denn auch, wenn der Test korrekt durchgeführt wurde, kann es sein, dass sich das Tier erst kurz vor Abreise infiziert hat und noch nicht als positiv erkannt wurde.

Hundebesitzer, die aus dem Urlaub zurückkehren, können ihr Tier auf die im jeweiligen Urlaubsland vorkommenden Krankheiten beim heimischen Tierarzt testen lassen.

Wirksame Prophylaxe bei der Reise

Soll der eigene Hund mit in den Urlaub in den Süden genommen werden, sind Repellentien ein wichtiger Schutz vor den übertragenden Mücken. Sandmücken sind bei Temperaturen oberhalb von 16 Grad aktiv. Das größte Risiko besteht von April bis November in der Hauptflugzeit der Sandmücken, und hier insbesondere in den Abendstunden. Der Schutz gegen die Mücken kann mit dem Schutz gegen Flöhe und Zecken, die eine Reihe weiterer Krankheitserreger übertragen können, kombiniert werden. Außerdem steht eine Impfung gegen die Leishmaniose zur Verfügung. Zwar schützt sie nicht vor der Infektion, aber vor einem schweren Verlauf. Geimpft werden dürfen nur Hunde, die den Erreger noch nicht in sich tragen. Optimal ist eine Kombination aus Impfung und Anti-Mücken-Schutz sowie weiteren vorbeugenden Maßnahmen. Das Verwenden von engmaschigen Moskitonetzen (< 1 mm) an Fenstern und Türen hilft zusätzlich, die lästigen Plagegeister abzuhalten. Generell sollten Hunde in Endemiegebieten nach Einbruch der Dämmerung möglichst nicht mehr im Freien sein. Da die Leishmaniose nicht nur für den Hund, sondern auch für den Menschen gefährlich werden kann, ist ein guter Mückenschutz bei Reisen in den Süden nicht nur für das Tier, sondern auch für den Menschen empfehlenswert.

Weitere Infektionswege

Auch wenn die Sandmücke in südlichen Regionen der wichtigste Überträger der Leishmaniose ist, können sich Hunde auch auf anderen Wegen infizieren. So können infizierte Hündinnen die Erreger über die Plazenta schon während der Trächtigkeit an ihre ungeborenen Welpen weitergeben. Dabei können innerhalb eines Wurfes sowohl infizierte als auch nicht-infizierte Welpen vorkommen. Je nach Hunderasse beträgt das Übertragungsrisiko bis zu 75 %. Das tückische daran ist, dass der Nachwuchs über Jahre symptomlos und Antikörper-negativ bleiben kann. Die Leishmaniose kann in seltenen Fällen auch durch blutige Beißereien und während des Deckaktes übertragen werden. Daher sollte mit Leishmaniose-positiv getesteten Tieren nicht gezüchtet werden. Insgesamt ist die Übertragung von Hund zu Hund aber eher von untergeordneter Bedeutung.

Das Ansteckungsrisiko für den Menschen wird bei einem Leishmaniose-positiven, aber nicht erkrankten Hund als sehr gering eingestuft. Vor allem bei klinisch kranken Hunden kann jedoch eine Übertragung durch Wundsekret aus offenen Wunden, über Speichel oder Konjunktivalsekret nicht ausgeschlossen werden. Daher wird empfohlen, den Kontakt von Kleinkindern, sehr alten und kranken, immunsupprimierten Personen zu infizierten Hunden zu vermeiden. Auch wenn bereits ältere oder chronisch kranke Tiere im Haushalt leben, sollte die Aufnahme eines Leishmaniose-positiven Hundes sorgsam abgewogen werden.

Weitere Informationen über das Vorkommen und Krankheitsbild der Leishmaniose finden Sie unter:

https://www.esccap.de/parasiten/sand-und-stechmuecken/leishmaniose-beim-hund/

https://www.esccap.de/parasiten/sand-und-stechmuecken/


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Weitere Informationen:
Bundesverband für Tiergesundheit e.V.
Dr. Sabine Schüller
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