BfT Special Nr. 48 / Oktober 2009


Ernst machen mit Europa

• Bei der Harmonisierung des EU-Binnenmarktes sind noch Wünsche offen

Wenn in Frankreich ein Schwein mit einem dort zugelassenen Arzneimittel erfolgreich therapiert wird, darf das von diesem Schwein stammende Schnitzel in der gesamten EU frei gehandelt werden. Zu Recht! Leidet ein deutsches Schwein an der gleichen Krankheit, darf das gleiche Arzneimittel jedoch nicht eingesetzt werden, sofern keine nationale deutsche Zulassung vorliegt.

Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet das: 27 unterschiedliche Zulassungsverfahren sind notwendig, um ein Schnitzel zu produzieren, das ohnehin jedem Europäer serviert werden darf. EU-Harmonisierung sieht anders aus. Es stellt sich also die Frage, warum Tierarzneimittel noch nationale Zulassungen benötigen, wenn das Fleisch der Tiere längst frei gehandelt werden darf. Abhilfe schaffen soll das 1-1-1-Konzept, das bei der diesjährigen IFAH-Europe Jahreskonferenz im Mittelpunkt stand.

„1-1-1“ steht für „ein Binnenmarkt, ein Zulassungsdossier, eine Zulassung“. Das Konzept orientiert sich am Grundprinzip des Binnenmarktes, der einen freien Warenverkehr ohne nationale Registrierungsbarrieren vorsieht. Seitens des europäischen Verbandes für Tiergesundheit (IFAH Europe) sind konkrete Vorschläge zur Umsetzung bereits ausgearbeitet und formuliert. Demnach führt eine Reform der Tierarzneimittelzulassung zu einer besseren Produktverfügbarkeit und zu erweiterten Märkten. Demgegenüber stehen derzeit noch spezifische nationale, zum Teil auch protektionistische Forderungen. Zahlreiche Detailfragen sind noch zu klären. Diskussionsbedarf besteht beispielsweise noch hinsichtlich der Einbeziehung bereits zugelassener Produkte oder der verbesserten Versorgung in kleineren Mitgliedstaaten.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine wirkliche europäische Reform sieht der Verband in einer deutlicheren Trennung von Human- und Veterinärgesetzgebung. Die notwendigen legislativen Schritte führen zu einer einzigen Evaluierung mit tatsächlicher gegenseitiger Anerken-nung. Dies setzt ein hohes Maß an Vertrauen der Mitgliedstaaten untereinander und gegenüber den EU-Institutionen voraus.

Die Vorteile von 1-1-1 liegen jedoch klar auf der Hand. Die Zusammenlegung aller Zulassungsverfahren in nur eine europäische Zulassung würde zu einem spürbaren Bürokratieabbau führen. Neu zugelassene Produkte könnten auf einem größeren und wirtschaftlich interessanten europäischen Markt gehandelt werden.

Sinkende Zulassungskosten und damit frei werdende Ressourcen könnten in Forschung und in die Entwicklung neuer Produkte investiert werden. Die aus einem einheitlichen Verfahren resultierenden Zulassungen würden letztendlich die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln verbessern, zum Nutzen der Tiergesundheit. ■