Kleines Insekt mit hohem Nutzen

Die allgemeine Gesundheit von Bienen, ihre „Produktionsleistung“ sowie die Entwicklung von Bienenvölkern sind wichtige Indikatoren für den Zustand von Ökosystemen und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Bienen sind zudem wirtschaftlich von hohem Wert. Der (volks)wirtschaftliche Wert der Bestäubungsleistung für Deutschland beträgt jährlich rund zwei Milliarden Euro. Weltweit ist er mit circa 150 Milliarden Euro beziffert.

In jüngster Zeit aber taucht das älteste und kleinste Nutztier der Menschen immer häufiger in den Schlagzeilen auf. Meist ist dann von einem „besorgniserregenden Bienensterben“ die Rede. Verluste von mehr als 20 Prozent halten Experten bereits für nicht mehr akzeptabel. Hauptursache für diese Völkerverluste ist der Befall mit der Varroa-Milbe. Auch verschiedene virale und bakterielle Infektionen wie die Amerikanische Faulbrut schwächen die Völker.

Die Behandlung der Bienen wird durch Probleme in der Verfügbarkeit zugelassener Tierarzneimittel in einer Reihe von Mitgliedstaaten und mangelnde Kenntnisse über deren Anwendung erschwert, so die jüngste Analyse des europäischen Tierärzteverbandes FVE. Durch die EU-weit gültige Zulassung von Bienenarzneimitteln und Vereinfachungen im Zulassungsverfahren könnte hier die Situation deutlich verbessert werden.


Eine Frage der Züchtung

Nur gesunde Bienen sind fleißige Honigsammler – Hygieneverhalten schützt das Bienenvolk

Die Bienenzucht ist ein wesentlicher Bestandteil der Bienenhaltung. Zu den Zuchtzielen zählen verbesserte Sanftmut, besserer Wabensitz, höhere Schwarmtätigkeit und gesteigerter Honigertrag. In den letzten Jahrzehnten hat auch die Zucht auf Krankheitsresistenz an Bedeutung gewonnen. Die besondere Biologie der Honigbiene bestimmt dabei die Verfahren der Zucht.

Im Mittelpunkt der Züchterarbeit stehen die Bienenkönigin und deren Eigenschaften. Der Zuchtwert einer Königin wird über Leistungsprüfungen ermittelt und in einer Datenbank erfasst. Imker oder Züchter können so gezielt „gute“ Königinnen oder neues, geeignetes Zuchtmaterial, z. B. Königinnenlarven oder junge unbegattete, begattete oder künstlich besamte Königinnen oder Drohnensperma auswählen. Aufgrund des weltweiten Handels hat die Frage nach der Übertragung von Krankheitserregern durch Zuchtmaterial eine besondere Bedeutung. Eine vertikale Übertragung von Viren durch kontaminiertes Sperma oder infizierte Eier und sexuelle Übertragung ist ein besonderes, bisher unterschätztes Problem in der Bienenzucht.

Soziale Immunabwehr

Die Fähigkeit Krankheiten abzuwehren, hängt bei Bienenvölkern in starkem Umfang von deren Hygieneverhalten gegenüber geschädigter Brut ab. Denn wie bei allen Wirbellosen fehlt der Biene ein adaptives Immunsystem. Stattdessen erfolgt die Krankheitsabwehr im Individuum über das angeborene Immunsystem (innate immunity) und auf Volkebene über die sogenannte soziale Immunabwehr. Völker, die auf ein gesteigertes Hygieneverhalten gezüchtet wurden, zeichnen sich durch eine gute Erkennung und Entfernung von Larven aus, die z. B. an Amerikanischer Faulbrut erkrankt sind oder durch Virusinfektionen geschädigt sind.

Ein wichtiges Zuchtziel besteht deshalb in einem gesteigerten Hygieneverhalten der Völker. Genomische Marker für Krankheitsresistenz oder Varroatoleranz sollen helfen, bei der Biene die molekulare Selektion auf diese Merkmale zu etablieren