BfT Special Nr. 42 / Oktober 2007


Das aktuelle Interview

Der weite Weg zur Marktreife

Entwicklungszeiten haben sich verlängert - Hohe Forschungskosten belasten die Wettbewerbsfähigkeit

Im Rahmen der IFAH-Europe Innovationskonferenz stellte der Managing Director der IFAH Europe, Declan O`Brien, die aktuelle IFAH Benchmarking Studie vor, die Auskünfte über Entwicklungszeiten und Forschungskosten für neue Produkte gibt.
Der Blickpunkt sprach mit Declan O`Brien über die wesentlichen Erkenntnisse der Studie.

Blickpunkt: Die IFAH-Benchmarking Studie, die jetzt von Ihnen vorgestellt wurde, enthält umfangreiches Material zu Entwicklungs- und Zulassungszeiten für veterinärmedizinische Produkte. Wie gut ist die europäische Tiergesundheitsindustrie derzeit aufgestellt?

O`Brien: Die Forderung nach effizient arbeitenden Entwicklungs- und Zulassungssystemen ist nach wie vor aktuell. Dies spiegelt sich auch in der aktuellen Benchmarking-Studie wider. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man die Ergebnisse früherer Surveys in die Betrachtung mit einbindet.
Wir haben für den Zeitraum von 1991 bis 2006 sowohl in Europa als auch in den USA erhebliche Verlängerungen der Entwicklungszeiten für neue Produkte für Nutztiere, Hobbytiere und Minor Species registriert. So hat sich die Zeit für die Entwicklung eines neuen Nutztierproduktes in den USA in den vergangenen 15 Jahren um 3,5 Jahre verlängert, in Europa sogar um 5,9 Jahre.

Blickpunkt: Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Tiergesundheitsindustrie?

O`Brien: Neben längeren Entwicklungszeiten entstehen in Europa auch mehr Kosten. Dies gilt insbesondere für die Zulassung neuer Produkte bei Nutztieren und für neue Technologien. So waren die Kosten für die Entwicklung und Zulassung eines innovativen biotechnischen Impfstoffes für Nutztiere in Europa doppelt so hoch wie in den USA. Betroffen sind aber auch die defensiven Forschungs- und Entwicklungskosten (F&E) zur Erhaltung bestehender Produkte. Europa liegt mit einem Anteil für defensive F&E von etwa 35 Prozent deutlich vor den USA. Dort liegt der Prozentsatz zwischen 15 und 20 Prozent. Aktuell wird zu viel Geld aufgewendet, um bestehende Produkte im Markt zu halten, dieses fehlt dann für Innovationen und neue Entwicklungen.

Blickpunkt: Lassen sich darüber hinaus weitere Markterschwernisse für Europa ausmachen?

O`Brien: Ein wesentlicher Faktor, der die Entwicklung neuer Produkte in Europa hemmt, ist die noch immer existierende regulatorische Unsicherheit. Darüber hinaus agieren amerikanische Hersteller in einem insgesamt einheitlicheren Markt ohne Sprachbarrieren. In den USA ist es zudem möglich, Teile eines Dossiers phasenweise einzureichen. Die in den USA bestehenden Regelungen zum Unterlagenschutz sind ebenfalls positiver zu bewerten als die europäische Vorgehensweise. Insgesamt kann sich die amerikanische Tiergesundheitsindustrie also wesentlich besser positionieren und ihre Wettbewerbsvorteile weiter ausbauen und nutzen.

Blickpunkt: Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Tiergesundheitsindustrie zu verbessern?

O`Brien: Unser Ziel ist es, den Aufwand an Kosten und auch die Zeit für die Entwicklung neuer Produkte um 20 Prozent zu reduzieren. Der Anteil defensiver F&E-Kosten muss auf unter 20 Prozent, vergleichbar den Werten in den USA, gesenkt werden, um am Markt konkurrenzfähig bleiben zu können. Auch eine weitere Verbesserung des Dialogs zwischen Industrie und Behörden ist notwendig, um die regulatorischen Unsicherheiten zu reduzieren und die Erfolgschancen für ein neues Produkt frühzeitig abschätzen zu können.

Blickpunkt: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch!