Das aktuelle Interview: Imfpungen sichern den wirtschaftlichen Erfolg in den Ställen

• Gesunde Tiere für gesunde Lebensmittel

• Tierschutz und Verbrauchersicherheit haben hohen Stellenwert

Der Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) feierte in diesem Jahr seinen 25-jährigen Geburtstag. Grund genug, um Zwischenbilanz zu ziehen und einen Ausblick auf die Weiterentwicklung der Tiergesundheitsindustrie und deren Aufgaben zu geben. Der Blickpunkt sprach mit dem BfT-Geschäftsführer Dr. Martin Schneidereit über Erfahrungen, Wahrnehmungen und veränderte Sichtweisen.

Blickpunkt: Wie beurteilen Landwirte die Leistungen der Tiergesundheitsindustrie hinsichtlich des eigenen wirtschaftlichen Erfolgs?

Dr. Schneidereit: Grundsätzlich ist es so, dass die Tiergesundheit in den Veredlungsbetrieben einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Zu diesem Ergebnis kam auch eine aktuelle Umfrage, die wir bei Tierärzten und Landwirten durchgeführt haben. Allerdings variieren die Einschätzungen graduell. Tierärzte haben durchaus andere Wahrnehmungen – und natürlich Erfahrungen – als die Landwirte. Unterschiede ergeben sich auch zwischen Schweine- und Rinderhaltern.

Blickpunkt: Können Sie einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede erläutern?

Dr. Schneidereit: Landwirte und Tierärzte haben die großen Herausforderungen, die mit der Tiergesundheit zusammenhängen, erkannt. Da Tierärzte naturgemäß mit den gesundheitlichen Problemen vieler Betriebe konfrontiert sind, ist das Spektrum der relevanten Krankheiten für sie breiter. Sie haben den größeren Überblick. Schweinehalter scheinen besonders stark sensibilisiert zu sein, wenn es um den Tiergesundheitsstatus ihrer Bestände geht. So steht bei ihnen die Tiergesundheit im Ranking der Erfolgsfaktoren an Platz 1, danach erst folgen die Betriebswirtschaft oder das Fütterungsmanagement. Für Rinderhalter hat unverändert die Einzeltiergesundheit eine hohe Bedeutung. Euter-, Klauen- und Atemwegserkrankungen sind kritisch für den Erfolg ihrer Tierhaltung.

Blickpunkt: Welche Verbesserungen konnten aus Sicht der Tiergesundheitsindustrie in den letzten Jahren erzielt werden und wie beurteilen Landwirte und Tierärzte die neuen Produktentwicklungen?

Dr. Schneidereit: Es herrscht Übereinstimmung, dass die Entwicklungen im Impfstoffbereich den Gesundheitsstatus vor allem beim Schwein am stärksten positiv beeinflusst haben. So ist die Ferkelimpfung gegen Mykoplasmen und Circovirus auf vielen Betrieben heute Standard. Aus Sicht der Tierärzte werden auch Antibiotika gegen respiratorische Krankheiten mit gutem Erfolg eingesetzt. Insbesondere die Wirksamkeit beziehungsweise die Wirkdauer der Produkte haben sich aus Anwendersicht deutlich verbessert. Atemwegserkrankungen konnten so in den letzten Jahren stark zurückgedrängt werden.

Blickpunkt: Gilt dies auch für die Rinderhaltung?

Dr. Schneidereit: Auch Milchkühe und ihre Nachzucht werden durchschnittlich gegen mehrere Krankheiten geimpft. Dies sind vor allem Rota/Corona/E.coli, BVD/MD und/oder Blauzungenkrankheit (BT). Trotz erfolgreicher Eradikation von BT impfen beispielsweise immer noch rund 30 Prozent der Tierhalter freiwillig gegen diesen Erreger. Das verdeutlicht die hohe Impfakzeptanz. Mastitis sowie Gelenks- und Klauenentzündungen bleiben für die Landwirte nach wie vor die wichtigsten Gesundheitsprobleme beim Milchvieh. Tierärzte beurteilen darüber hinaus Stoffwechsel- und Fruchtbarkeitsstörungen kritisch. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an Produkte zur Wiederherstellung der Eutergesundheit. Von der Wirksamkeit und Verträglichkeit bei den Trockenstellerprodukten sowie von der Wirkdauer und Wirksamkeit bei Antibiotika sind Tierärzte überzeugt. Sie wünschen sich noch weiter verbesserte Antibiotika gegen Atemwegserkrankungen. Diese Wünsche müssen in unsere Produktentwicklungen einfließen.

Blickpunkt: Haben sich die Erwartungen an die Tiergesundheit in den letzten Jahren verändert?

Dr. Schneidereit: Die öffentliche Diskussion um gesunde Lebensmittel und Tierschutzaspekte ist an den Landwirten nicht vorübergegangen; sie stellen sich dieser Diskussion. Die Vermeidung von Tierleiden und die Sicherheit für den Verbraucher nehmen einen hohen Stellenwert ein. Diese Einstellung reflektiert die aktuell wichtigen Themen in der Branche wie die Debatte um Ferkelkastration oder Animal Welfare Labelling. Aus dem Kontext der Lebensmittelsicherheit heraus erklärt sich der Wunsch, Arzneimittel mit kürzeren Wartezeiten an die Hand zu bekommen. Grundsätzlich hat sich die Überzeugung in der Landwirtschaft durchgesetzt, dass nur gesunde Tiere Leistung bringen, dass nur gesunde Tiere den Tierschutzaspekten gerecht werden und dass nur gesunde Tiere auch sichere Lebensmittel liefern können.