BfT Special Nr. 40 / Februar 2007


Das aktuelle Interview - GermVet: Ein beispielhaftes Monitoring-Programm

Günstiges Resistenzprofil gegen alle zugelassenen Wirkstoffe

Ende Dezember 2006 konnte das vor drei Jahren gestartete Forschungsprojekt BfT-GermVet erfolgreich abgeschlossen werden. Dieses firmenübergreifende Programm sollte die Resistenzsituation von veterinärpathogenen Erregern auf der Basis aktueller und verlässlicher Daten erfassen. Der Blickpunkt sprach mit Dr. Alexander Böttner, Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Resistenzen" des BfT und mit dem BfT-Geschäftsführer Dr. Martin Schneidereit über die Ergebnisse von GermVet.

BLICKPUNKT: Was genau ist GermVet?
Dr. Böttner: GermVet ist ein von der Zulassungsbehörde BVL aufgelegtes Monitoringprogramm zur Einschätzung der Resistenzlage der wichtigsten Infektionserreger von landwirtschaftlichen Nutztieren, Heim- und Hobbytieren. Die Veterinärindustrie war eingebunden, weil das BVL für die Verlängerung von Wirkstoffzulassungen diese Daten zur Resistenzlage einforderte. Davon betroffen waren alle auf dem deutschen Veterinärmarkt befindlichen Antibiotika.

Dr. Schneidereit: Es bestand zudem die nachdrückliche Forderung seitens der Politik, einen aktuellen Kenntnisstand zur Resistenzlage zu erarbeiten, da diese zu einem Diskussionsthema mit hohem öffentlichem Interesse geworden war.

BLICKPUNKT: Warum wurde seitens des BfT ein begleitendes, eigenständiges Monitoringprogramm initiiert?

Dr. Schneidereit: Für die Industrie bestand Handlungsbedarf, weil bei Nichterfüllung der Auflagen die Versagung der Zulassungsverlängerung drohte. Dies hätte nicht nur zu wirtschaftlichen Verlusten geführt, sondern auch die Möglichkeiten antibiotischer Therapien gefährdet. Gleichzeitig wollte die Industrie im Sinne der von ihr formulierten Leitlinien zum verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika das Forschungsprogramm unterstützen. Bei der Vielzahl der betroffenen Wirkstoffe, die häufig von mehreren Firmen vertrieben werden, war eine Kooperation der vernünftigste Weg, um Synergien zu nutzen und unnötigen Aufwand zu vermeiden. Der BfT hat zur praktischen Umsetzung eine Projektgruppe "Antibiotikaresistenz" gegründet, die einen Projektvorschlag ausarbeitete, dem sich die betroffenen Firmen anschlossen.

BLICKPUNKT: Worin bestanden die Aufgaben dieser Projektgruppe?
Dr. Böttner: Die Projektgruppe entwickelte ein wissenschaftliches Kon-zept und plante den Projektablauf. Ein Schwerpunkt der Arbeit lag in der engen Kooperation mit dem BVL, die entscheidend zum Erfolg von GermVet beigetragen hat. So konnten beispielsweise eigene Untersuchungen mit vergleichbaren Untersuchungen des nationalen BVL-Monitorings abgestimmt und ergänzt sowie alle wichtigen Indikationen und Tierarten abgedeckt werden. Darüber hinaus begleitete der BfT die wissenschaftliche Umsetzung und Bearbeitung des Programms durch die Bundesforschungsanstalt Mariensee, die Freie Universität Berlin und die Ludwig-Maximilians-Universität München.

BLICKPUNKT: Können Sie einige Ergebnisse von GermVet nennen?
Dr. Böttner: Durch die komplementäre Anlage des Programms ist es gelungen, für rund 50 Indikationen eine Stammsammlung von veterinärpathogenen Keimen mit über 5.000 Stämmen zu erstellen. Durch eine mit Behörde und Universitäten abgestimmte Stellvertreterregelung, z.B. Enrofloxacin für die gesamte Klasse der Fluorchinolone, konnten Aussagen zur Empfindlichkeit für insgesamt 69 zugelassene Wirkstoffe getroffen werden.

Für eine Reihe von Indikationen konnten mehrere hundert Stämme gesammelt werden. Für einige Indikationen, insbesondere im Kleintierbereich, gelang es im Sammelzeitraum lediglich etwa 20 bis 30 Stämme pro Indikation für die Testung zu sammeln. Nur sehr wenige Keime konnten nicht gesammelt werden, da von den Untersuchungslabors für diese Keime keine Isolierung und Züchtung mehr durchgeführt wird. Teilweise haben auch andere Methoden wie PCR die Keimanzüchtung ersetzt. Zusätzlich wurde eine repräsentative Anzahl von Keimen mit den Wirkstoffkombinationen Penicillin/Streptomycin, Lincomycin/Spectinomycin und Penicillin/Neomycin getestet. In einem weiteren Teilprojekt wurden Mykoplasmen ebenfalls einer Sensibilitätstestung unterzogen. In die Keimsammlung wurden die Tierarten Rind, Schwein, Geflügel, Pferd, Hund und Katze einbezogen.

BLICKPUNKT: Wie beurteilen Sie die aktuelle Resistenzlage auf der Basis von GermVet?

Dr. Schneidereit: Der Bericht, der nun vorliegt, bewertet selber nicht, sondern zeigt die wissenschaftlichen Ergebnisse. Dennoch lassen sich schon jetzt sehr positive Rückschlüsse ziehen. Insgesamt zeigte sich für den größten Teil der Keime ein sehr niedriges Resistenzniveau verbunden mit einer sehr gut erhaltenen Wirksamkeit der zugelassenen antibiotischen Wirkstoffe. Und das, obwohl einige dieser Wirkstoffe bereits seit Jahrzehnten in der Tierhaltung eingesetzt werden.
Insgesamt wurden mit dieser in Europa in diesem Umfang und in dieser Qualität erstmalig durchgeführten Erhebung zwei wesentliche Ziele erreicht. Zum einen lässt sich mit den Daten die scheinbare Bedrohung durch ansteigende Resistenzen widerlegen.
Zum anderen steht nun eine belastbare Datengrundlage zur Verfügung, mit der zukünftige Resistenzentwicklungen beobachtet und eingeschätzt werden können.

Dr. Böttner: Zudem war das GermVet-Programm als Komplementärprogramm ein sehr gutes Beispiel für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit zwischen Behörden und Industrie, mit dem es gelungen ist, einen umfassenden Überblick über das Resistenzgeschehen bei Veterinärpathogenen auf nationaler Ebene zu erhalten. Die Zielsetzung von GermVet - die Erhebung von aktuellen, repräsentativen und flächendeckenden Daten mit modernsten wissenschaftlichen Methoden - wurde erreicht. Die Ergebnisse des BfT-GermVet-Programmes werden in 2007 als wissenschaftliche Publikation in der Berliner Münchner Tierärztlichen Wochenzeitschrift veröffentlicht.