Im Krankheitsfall: Therapie mit Antibiotika

Nur von gesunden, leistungsfähigen Tieren kommen qualitativ hochwertige Lebensmittel. Tiergesundheit ist daher die Voraussetzung für Tierwohl und eine nachhaltige und effiziente Produktion. Tiergerechte Haltungsbedingungen und Pflege sowie angemessene Betriebsführung und Hygiene bilden die Voraussetzung für eine gute Tiergesundheit. Dennoch können sich Tiere trotz dieser vorbeugenden Maßnahmen verletzen oder erkranken. In diesem Fall haben Antibiotika nach wie vor eine wichtige und unverzichtbare Funktion, um hohe Tiergesundheitsstandards zu bewahren.

Antibiotika für akute Fälle

Stellt der Tierarzt bei einem kranken Tier eine bakterielle Infektion fest, z.B. der Atemwege, des Euters oder des Magen-Darm-Traktes, therapiert er mit Antibiotika, um dem Tier schnelle Linderung zu verschaffen und die anderen Tiere zu schützen. Die Behandlung beschränkt sich dabei meist auf einzelne betroffene Tiere. Eine Ausweitung auf andere Tiere geschieht in Ausnahmefällen zur Metaphylaxe, wenn das Ausbreitungsrisiko einer schwerwiegenden Infektion in einer Gruppe von Tieren hoch ist und keine angemessenen Alternativen verfügbar sind.

Wie wirken Antibiotika?

Antibiotika hemmen das Wachstum von Bakterien oder töten sie ab. Für eine erfolgreiche Behandlung und um Resistenzbildung zu vermeiden, dürfen nur Mittel verwendet werden, auf die das Bakterium empfindlich reagiert. Dies kann getestet werden (Antibiogramm). Damit auch in Zukunft wirksame Antibiotika gegen schwere Erkrankungen bei Menschen und Tieren verfügbar sind, sollen Antibiotika in angemessener Dosis und über so kurze Zeit wie möglich, aber so lange wie nötig, angewendet werden.

Seit dem 1. Juli 2014 müssen Betriebe, die Rinder, Schweine, Hühner oder Puten zur Mast halten, erfassen und melden, wie häufig ihre Tiere Antibiotika bekommen. Liegt ein Betrieb mit seiner Kennzahl über dem Bundesdurchschnitt für seinen Sektor, muss der Tierhalter zusammen mit seinem Tierarzt Maßnahmen ergreifen, die zur Reduktion der Antibiotika-Anwendung führen.

Durch diese Bestimmung des Therapiehäufigkeitsindex wurde die seit einigen Jahren bereits rückläufige Anwendung von Antibiotika bei Nutztieren noch einmal deutlich forciert. Im Jahr 2014 allein kam es zu einem Rückgang der oralen Verabreichung um fast 30 Prozent. Seit 2011 bis 2022 ging laut der offiziellen Mengenerfassung die Anwendung von Antibiotika insgesamt um 68% (BVL) zurück.

Für die Zukunft wird es darauf ankommen, durch verbessertes Haltungsmanagement und mit Konzepten zur Krankheitsvorbeuge die Tiergesundheit in den Betrieben langfristig abzusichern. Zu erwarten ist, dass zunehmend investitionsintensive Lösungen auf den Betrieben oder strukturelle Maßnahmen erforderlich werden.

Bewusster Einsatz

Heute ist man sich der möglichen Folgen einer unbedachten Anwendung von Antibiotika bei Mensch und Tier bewusst. Es gilt die Nebenwirkungen für die Tiere, unnötige Ausgaben für Präparate, Rückstände in Lebensmitteln und Umwelt sowie die Bildung von Resistenzen zu vermeiden. Zahlreiche Initiativen zielen auf den verantwortlichen Umgang ab, um auch für die Zukunft die Wirksamkeit von Antibiotika zu erhalten. Auch die Tiergesundheitsindustrie unterstützt beispielsweise die Mengenerfassung von Antibiotika in der EU und macht sich stark für einen verantwortungsvollen Antibiotikaeinsatz. Zudem hat sie in den vergangenen Jahren in verschiedenen Monitoringprogrammen auf freiwilliger Basis wichtige Erkenntnisse und umfangreiches Datenmaterial gesammelt.

Fakten statt Mythen

Ein bestehendes Missverständnis in der Gesellschaft ist, dass Tierärzte im Nutztierbereich nur Antibiotika einsetzten würden. Antiinfektiva, darunter Antibiotika, machen jedoch inzwischen nur ein Sechstel des gesamten Tierarzneimittelmarktes aus. Mehr als ein Viertel sind Impfstoffe. Außerdem werden Tierarzneimittel nicht zur Leistungssteigerung in der intensiven Tierhaltung eingesetzt. Bei der Tiergesundheit geht es vorrangig um die Vermeidung und Bekämpfung von Tierkrankheiten. Antibiotische Leistungsförderer sind in der gesamten EU seit 2006 verboten und der Einsatz von Hormonen zu Mastzwecken ist bereits seit 1988 untersagt.

Antibiotika auch für Kleintiere notwendig

Für den Tierarzt ist es wichtig verschiedene Antibiotikaklassen zur Verfügung zu haben, um das ganze Spektrum bakterieller Krankheitserreger bei den einzelnen Tierarten auch künftig effektiv bekämpfen zu können. Dies ist auch wichtig, um Resistenzen zu vermeiden.

Auch in der Kleintierpraxis können eiternde Verletzungen, Blasenentzündungen, Ohr- und Augeninfektionen eine Behandlung mit Antibiotika erforderlich machen. Schwere Infektionen, wie die Leptospirose bei unzureichend geimpften Hunden, müssen antibiotisch behandelt werden. Oft treten auch Mischinfektionen auf. Die Grunderkrankung wird durch ein Virus verursacht und eine bakterielle Sekundärinfektion kommt hinzu. Dies ist of bei Zwingerhusten des Hundes oder beim Katzenschnupfen der Fall.

Der Tierarzt baut bei der Behandlung auf seiner fachlichen Expertise in der klinischen Auseinandersetzung mit dem Einzeltier, der Kenntnis aus der Herdenbetreuung bei Nutztieren und der Bewertung aller Befunde aus des der Diagnostik und der Empfindlichkeitsbestimmung der Bakterien auf. Alles zusammen bildet die Grundlage für den Tierarzt zur Therapieentscheidung und einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika.