18.11.2021

Erste Hilfe bei Vergiftungen

Bei Verdacht auf Vergiftung ist der Tierarzt schnell aufzusuchen. Je früher Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, umso besser sind die Heilungschancen. Je länger sich die Vergiftung hinzieht, um so schwerwiegender sind die Schäden der inneren Organe und umso schlechter ist die Prognose. Wenn möglich sollte eine Probe des verdächtigen Materials mitgenommen werden. Falls vorhanden, sind auch die Verpackung und Beipackzettel hilfreich. Sie enthalten nicht nur Hinweise zu den Inhaltsstoffen, sondern ggf. auch wichtige Hinweise für die Behandlung, einem Gegenmittel oder die Notrufnummer einer Giftzentrale.

Die Identifizierung oder zumindest Eingrenzung des Giftstoffes ist für die Behandlung sehr wichtig. Der Tierarzt ist hier neben der Untersuchung des Tieres insbesondere auf die Informationen des Tierhalters zum Vergiftungsgeschehen angewiesen. Wichtig sind Aussagen zum wahrscheinlichen Zeitpunkt der Giftaufnahme, der geschätzten Menge und der Art des Stoffes, der aufgenommen wurde.

Wie behandelt der Tierarzt Vergiftungen?

Bei Vergiftungen besteht die wichtigste Maßnahme darin, das Gift möglichst rasch und vollständig aus dem Körper des Tieres zu entfernen. Zur Entgiftung des Tieres stehen dem Tierarzt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Welche er wählt, richtet sich danach, welches Gift das Tier aufgenommen hat und wann die Aufnahme erfolgt ist. So ist die Entleerung des Magens nur dann sinnvoll, wenn der Hund oder die Katze das Gift erst kurz zuvor aufgenommen hat. Voraussetzung ist, dass es sich nicht um ätzende Substanzen (Säuren, Laugen) oder Lösungsmittel handelt. Ist der giftige Stoff bereits weiter in den Darm des Tieres gelangt, verabreicht der Tierarzt eventuell ein Mittel, welches den Darm schneller entleert. Die Giftaufnahme im Magen-Darm-Trakt kann durch Stoffe, die aufgenommene Giftstoffe an ihrer Oberfläche binden, wie beispielsweise Aktivkohle verhindert bzw. reduziert werden. Das Tier scheidet die Aktivkohle dann mitsamt des gebundenen Gifts über den Darm wieder aus. Allerdings können nicht alle Gifte auf diese Weise unschädlich gemacht werden. Befindet sich das Gift bereits im Blutkreislauf des Tieres, besteht eine wichtige Behandlungsmaßnahme zum einen darin, den Giftstoff zu verdünnen. Zum anderen soll das Gift möglichst schnell mit dem Harn ausgeschieden werden. Zu diesem Zweck erhält das Tier Infusionen. Gleichzeitig kann der Tierarzt ein harntreibendes Mittel verabreichen. Etwaige weitere Maßnahmen richten sich nach der Art des Giftes und den auftretenden Symptomen. Hieraus wird bereits deutlich, je früher das Tier beim Tierarzt vorgestellt wird, desto besser – und aussichtsreicher – kann eingegriffen werden.

Die Symptome einer Vergiftung sind so vielfältig wie die aufgenommenen Gifte. Sie reichen von allgemeinem Unwohlsein, Unruhe oder Mattigkeit und Fieber über Speicheln, Erbrechen und andere Magen-Darm-Symptome bis hin zu Schwellungen, Zittern, Krampfanfällen und Lähmungen, Herz-Kreislauf-Störungen, Atemnot und Schock. Die Schleimhäute können dabei auffällig blass oder dunkel verfärbt sein. Oftmals ist zunächst nur ein abnormes Verhalten auffällig. Treten bereits erste Symptome auf, oder kann der Hund oder die Katze nicht mehr stehen, krampft oder hat Atemnot, muss es sehr schnell gehen. 

Gegen manche Gifte stehen Gegenmittel (Antidote) zu Verfügung. Beispielsweise gegen bestimmte Rattenbekämpfungsmittel oder Frostschutzmittel. Voraussetzung für eine Behandlung mit Antidoten ist, dass das aufgenommene Gift bekannt ist. Auch hier gilt, je früher die Behandlung erfolgt, desto besser sind die Heilungschancen.

Was kann ich als Tierbesitzer tun?

Etwaige Sofortmaßnahmen richten sich nach der Art des Giftes. Ist das Gift nicht bekannt, können Sie als Tierbesitzer nur bedingt Erste Hilfe leisten. Die Maßnahmen beschränken sich dann darauf, Ihr Tier sicher zu lagern und schnellstmöglich zu einem Tierarzt zu bringen.

Bei bestimmten, bekannten Giften oder wenn Sie bei Aufnahme am Ort des Geschehens sind, können Sie Ihrem Tier wie folgt Erste Hilfe leisten:

Werden giftige Stoffe wie Tabletten, Lösungen, Giftköder u.a. gefressen, kann versucht werden etwaige Reste mit Wasser oder Küchenrollenpapier soweit möglich aus dem Maul zu entfernen. Achten Sie dabei darauf, sich selbst zu schützen (Handschuhe, Schutzbrille). Kontaktieren Sie umgehend Ihren Tierarzt.

Je nach aufgenommener Substanz kann die Eingabe von Wasser oder das Erbrechen, sinnvoll oder auch schädlich sein. Hat das Tier ein säure- oder laugehaltiges Mittel verschluckt, können Sie ihm reichlich Wasser anbieten beziehungsweise vorsichtig einflößen. Bei anderen Giftstoffen könnte hierdurch aber die Aufnahme des Gifts in den Körper beschleunigt werden. Halten Sie vor etwaigen Maßnahmen Rücksprache mit Ihrem Tierarzt. Bei Verdacht auf Vergiftung mit ätzenden Substanzen sollten Sie auf keinen Fall versuchen, bei Ihrem Tier Erbrechen auszulösen, da hierdurch weitere Verätzungen von Maul und Speiseröhre entstehen können.
Bei Hautkontakt mit Säuren oder Laugen können als erste Maßnahme die betroffenen Stellen sofort mit viel lauwarmen Wasser über mehrere Minuten abgespült werden. Besonders bei Katzen sollten auch die Pfoten gereinigt werden. Scheren Sie gegebenenfalls das Fell im betroffenen Bereich. Bringen Sie Ihr Tier anschließend sofort zum Tierarzt! Auch bei anderen Kontaktvergiftungen oder einer Fehlanwendung Permethrinhaltiger Präparate bei der Katze ist das Waschen und Scheren des Fells eine gute erste Maßnahme. Suchen Sie umgehend den Tierarzt auf.


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Weitere Informationen:
Bundesverband für Tiergesundheit e.V.
Dr. Sabine Schüller
E-Mail bft@bft-online.de

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