Reisekrankheiten
Urlaub ist die schönste Zeit im Jahr, in der man auf den vierbeinigen Hausgenossen nicht verzichten möchte. Doch Vorsicht ist vor allem bei Reisen in den Süden geboten. Dort können bestimmte Erkrankungen bzw. Erreger die Gesundheit des Reisegefährten ernsthaft bedrohen. Zu den wichtigen Krankheiten zählen u.a. die Babesiose ("Hundemalaria"), die Ehrlichiose sowie die seltener vorkommende Hepatozoonose, die alle durch Zecken übertragen werden. Die Herzwurm-Erkrankung und die Leishmaniose sind zwei weitere, gefährliche, durch Mücken übertragene Krankheiten. In den letzten Jahren werden zunehmend auch Infektionen mit dem orientalischen Augenwurm diagnostiziert. Diese Krankheiten spielen auch hinsichtlich möglicher Einschleppungsrisiken eine Rolle, wenn beispielsweise (Tierschutz-)Hunde aus den gefährdeten Regionen nach Deutschland verbracht werden. Blutsaugende Parasiten wie etwa Zecken oder Stechmücken, die Erreger auf ihre Wirte übertragen können, werden in diesem Zusammenhang als Vektoren bezeichnet.
Klimawandel und seine Folgen
Durch den Klimawandel könnten sich die Entwicklungsbedingungen auch hierzulande für Parasiten, die durch Mücken übertragen werden, mittelfristig verbessern. Damit wächst die Gefahr, dass sich Hunde auch zu Hause mit „exotischen“ Krankheitserregern anstecken können. Nicht nur für Stechmücken selbst bedeutet eine Erhöhung der Umgebungstemperatur eine verkürzte Entwicklungszeit, sondern auch für etwaige Larven von Herz- und Hautwürmern, die sich in den Mücken entwickeln, bevor sie auf Hunde übertragen werden. Auch in bislang nicht endemischen Gebieten könnte eine Veränderung der Entwicklungsbedingungen zu einer dauerhaften Ansiedlung von neuen Vektoren führen, wenn die klimatischen Voraussetzungen dies begünstigen.
Hierzu gehört beispielsweise die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die sich in Europa zuletzt weiter ausgebreitet hat. Auch in einigen Regionen Deutschlands hat sich diese Mücke schon etabliert. Diese eigentlich in den Tropen beheimatete Mücke kann zahlreiche für Mensch und Tier relevante Viren und auch Haut- und Herzwürmer übertragen. Anhand von Modellen, welche die Klimaansprüche der Asiatischen Tigermücke und die geographischen Gegebenheiten in Europa berücksichtigen, kommen die Forscher zum Ergebnis, dass sich größere Bereiche Deutschlands bis zur Mitte dieses Jahrhunderts zu möglichen Lebensräumen dieser Mücken entwickeln können. Entscheidend für mögliche Übertragungsrisiken sei aber, wie geeignet die künftigen Klimabedingungen für die in den Asiatischen Tigermücken transportierten Erreger (z.B. Viren) sind. In Europa ist diese invasive Mückenart bereits in mindestens 19 Ländern fest etabliert.
Auch das Robert Koch-Institut beschäftigt sich mit der Thematik Klimawandel und den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels auf vektorvermittelte Infektionskrankheiten. Demnach führen die für Deutschland prognostizierten Temperaturerhöhungen prinzipiell zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen für die Vektoren. Diese könnte zu einer Ausdehnung des Verbreitungsgebietes nach Norden bzw. einer Ausweitung der Aktivitätsphase im Jahresablauf führen. Allerdings spielen auch weitere Faktoren wie Niederschlagsmenge, Luftfeuchtigkeit und Biotopstruktur für das Vorkommen und die Dichte der verschiedenen Vektoren eine Rolle. Konkrete Vorhersagen zu treffen, bleibt jedoch aufgrund der Komplexität der Faktoren schwierig.
Herzwurmkrankheit
Der Erreger der Herzwurmkrankheit des Hundes ist der Herzwurm (Dirofilaria immitis), dessen fadenförmige Weibchen und Männchen bis zu 30 cm bzw. bis zu 18 cm lang werden. Die von den Weibchen ins Blut freigesetzten ersten Larven des Herzwurms, auch Mikrofilarien genannt, zirkulieren im Blutkreislauf des betroffenen Hundes. Überträger des Herzwurmes, der zu den Nematoden bzw. Fadenwürmern gehört, sind Stechmücken aus der Familie der Culicidae. Einige Vertreter dieser Stechmücken sind auch in Deutschland beheimatet. Stechmücken nehmen Larven von befallenen Hunden während ihrer Blutmahlzeit auf, in ihnen entwickeln sie sich zu infektiösen Formen weiter und werden dann auf weitere Hunde bei der nächsten Blutmahlzeit übertragen. In diesem neuen Wirt entwickeln sich die Herzwurmlarven weiter und erreichen nach etwa 120 Tagen das Herz. Die Erkrankung äußert sich je nach Krankheitsstadium und auch Höhe der Wurmbürde durch Leistungsabfall, Husten, erschwerte Atmung, Erbrechen, Gewichts- und Konditionsverlust und Anämie. Bei schwerer Erkrankung kann es zu Bewusstseinsverlusten, Lebervergrößerungen und Nierenfunktionsstörungen kommen. Unbehandelt kann der Befall tödlich enden. Diagnostik und Therapie der Herzwurmkrankheit sind schwierig. Mit geeigneten Medikamenten ist bei gewissenhafter Durchführung jedoch eine relativ einfache und sichere Prophylaxe möglich.
Die fachsprachlich als kardiovaskuläre Dirofilariose bezeichnete Herzwurmkrankheit ist eine Zoonose, d.h. auch Menschen können sich mit dem Erreger infizieren. Allerdings ist der Mensch für den Herzwurm ein so genannter Fehlwirt, in dem sich der Parasit nur unzureichend entwickeln kann. Von Stechmücken auf den Menschen übertragene Larvenstadien des Parasiten siedeln sich häufig in der Lunge an und sind in bildgebenden Verfahren bisweilen als sogenannte Münzläsionen sichtbar. Die Dirofilariose ist in Europa im gesamten Mittelmeerraum verbreitet, aber auch in Norditalien bis hin zu den Alpen, in der Südschweiz, in Frankreich und in Österreich wird die Erkrankung beobachtet. Auch in weiten Teilen von Amerika, Afrika, Südasien, Japan und Australien ist die Dirofilariose endemisch verbreitet. Übertragungen ausgehend von Erreger-tragenden Hunden aus endemischen Regionen durch heimische Stechmücken auf gesunde Hunde sind auch hierzulande denkbar.
Kutane Filariose
Stechmücken übertragen auch den Hautwurm (Dirofilaria repens). Dieser Fadenwurm ist der Erreger einer Hauterkrankung, die als kutane Filariose bezeichnet wird. Der Krankheitsverlauf ist weniger schwerwiegend als etwa die Herzwurmerkrankung. Es kann aber zu Knötchenbildung, Juckreiz und auch lokalem Haarausfall in den betroffenen Hautarealen kommen. Endemische Verbreitungsgebiete, in denen dieser Erreger regelmäßig übertragen wird, sind ebenfalls süd- und osteuropäische Länder. Inzwischen wurden auch hierzulande schon Mücken gefunden, die den Erreger der Hautwurmkrankheit in sich tragen und es gibt bereits Hinweise auf in Deutschland erworbene Infektionen. So sind Hunde aus Brandenburg und von der Oberrhein-Region bekannt, die sich vermutlich dort infiziert haben.
Thelaziose
Der Augenwurm (Thelazia callipaeda) stammt ursprünglich aus dem Orient, taucht inzwischen aber vermehrt in Europa auf. Es handelt sich um Fadenwürmer, die die Augenerkrankung Thelaziose bei Menschen und Tieren verursachen können. Nicht nur Hunde, auch Katzen können vom Augenwurm befallen werden. Vektoren sind spezielle Fruchtfliegen, die schon in Deutschland nachgewiesen werden konnten. In Italien, Spanien und Frankreich gilt der Augenwurm bereits als endemisch. Experten rechnen mit einer weiteren Verbreitung – zunächst in Mitteleuropa. Betroffene Tiere werden häufig mit Symptomen einer Bindehautentzündung (Konjunktivitis) vorgestellt. Bei den in Deutschland beschriebenen Fällen handelt es sich noch um Einzelereignisse. Rechtzeitig erkannt, kann die Erkrankung gut behandelt werden. Bei Reisen in Risikogebiete ist auch eine Prophylaxe möglich.
Leishmaniose
Die Leishmaniose ist eine durch Sandmücken übertragene Erkrankung des Hundes, die sehr unterschiedliche Verlaufsformen entwickeln kann. Es sind zwar einerseits asymptomatische Erkrankungsformen bekannt, andererseits kann es auch zu schwerwiegenden Symptomen bei erkrankten Hunden kommen, tödliche Verläufe sind ebenfalls möglich. Die Leishmaniose kann zwar medikamentös behandelt werden, ist jedoch nicht heilbar, da der Erreger nicht vollständig eliminiert werden kann. Die Leishmaniose ist eine Zoonose. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Mittelmeerraum über Asien und schließt auch Lateinamerika ein. Der bestmögliche Schutz besteht präventiv darin, Tiere möglichst nicht in entsprechende Gebiete mitzunehmen. Ist dieses nicht möglich oder vorgesehen, ist die vorbeugende Gabe mückenabwehrender Medikamente das Mittel der Wahl. Seit einiger Zeit stehen für den Hund auch Impfstoffe gegen die Leishmaniose zur Verfügung. Diese können eine Infektion zwar nicht zu 100 % verhindern, das Auftreten von Krankheitserscheinungen aber deutlich reduzieren. Zusammen mit einem guten Mückenschutz sinkt das Erkrankungsrisiko aktuellen Studien zufolge um mehr als 95 %.
Die Art und der Umfang der Symptome der Leishmaniose sind wie beschrieben sehr variabel. Während einige Hunde keine klinischen Symptome zeigen, erkranken andere schwer. Bei symptomatischen Hunden entwickelt sich fast immer die sogenannte "viszerale Form" der Leishmaniose, das bedeutet, dass sich die Erreger in den inneren Organen vermehren. Betroffen sind vor allem die Nieren, aber auch das Knochenmark. Daneben kommt eine sogenannte „kutane" Verlaufsform vor. Zeichen des Befalls sind hier Hautveränderungen mit einer meist nicht-juckenden Dermatitis und Haarausfall (Alopezie) z. B. des Nasenrückens und der Ohrenspitzen sowie periorbitale Alopezie (Brillenbildung), die von großen, leicht fettigen, kreideweißen Schuppen bedeckt ist. Die Inkubationszeit liegt zwischen 3 Monaten und 7 Jahren.
Wegen infizierter „Heimkehrer“ aus dem Urlaub und rasant wachsender Anzahlen von Importhunden aus endemischen Regionen gehen Experten davon aus, dass es mittlerweile in Deutschland rund 100.000 Leishmaniose-positive Tiere geben könnte. In Einzelfällen wurden Erkrankungen auch bei Tieren, die nicht im Ausland waren, festgestellt.
Es gibt neben vektoriellen Übertragungen durch Sandmücken noch weitere Übertragungswege. Da in Deutschland die relevanten Sandmückenarten als Überträger eher nicht verbreitet sind, haben diese Wege sicherlich hierzulande einen höheren Stellenwert. Dazu gehört zum einen die diaplazentare Übertragung der Leishmanien von einer infizierten tragenden Mutterhündin auf ihre ungeborenen Welpen. Zum anderen sind auch Übertragungen durch den Deckakt von infizierten Rüden auf die Hündin möglich.
Zecken zu Hause und auf Reisen eine große Gefahr
Zecken sind in vielen Urlaubsländern mit den unterschiedlichsten Arten weit verbreitet und häufig anzutreffen. Insbesondere die Braune Hundezecke spielt als Überträger verschiedener Erreger eine wichtige Rolle im Mittelmeerraum. In den mittel- und nordeuropäischen Regionen ist der Gemeine Holzbock ein bedeutender Vektor. Auch die Auwaldzecke (auch als Wiesenzecke oder Winterzecke bezeichnet) kommt zunehmend häufiger vor. Vorbeugende Maßnahmen sind bei den durch Zecken übertragenen Erkrankungen möglich. Die wichtigste Maßnahme ist die medikamentöse Zeckenprophylaxe durch Anwendung vorbeugender Tierarzneimittel. Auftretende Zecken sollten zudem frühzeitig abgesammelt werden.
Folgende Krankheitserreger werden durch Zecken übertragen:
Babesiose
Diese Erkrankung wird durch einzellige Parasiten der roten Blutkörperchen ausgelöst und ist aufgrund ähnlicher Symptome wie bei der menschlichen Erkrankung auch als Hundemalaria bekannt. Überträgerin der Babesiose im Mittelmeerraum ist die Braune Hundezecke, in Deutschland ist es die Auwaldzecke (auch als Wiesenzecke bezeichnet). Mögliche Symptome sind Gelbsucht (durch hämolytische Anämie/Blutarmut), Fieber, Gewichts- und Konditionsverlust, brauner Urin, Milzvergrößerung, eventuell Blutungsneigung (durch Thrombozytopenie). Die Inkubationszeit beträgt 10-21 Tage.
Ehrlichiose
Die Ehrlichiose ist eine bakterielle Erkrankung des Hundes und vor allem im südlichen Europa verbreitet, Überträgerin ist die Braune Hundezecke. Akute Symptome sind Fieber, Apathie, Appetitlosigkeit und Blutungen. Im chronischen Verlauf zeigen sich Abmagerung und Blutungsneigung, vor allem in der Haut und auf Schleimhäuten. Die Inkubationszeit der caninen monozytären Ehrlichiose beträgt 5 - 21 Tage.
Hepatozoonose
Die Hepatozoonose ist eine Krankheit, die durch Einzeller ausgelöst wird und die vor allem im Mittelmeerraum bei Hunden auftritt. Sie wird durch die Braune Hundezecke übertragen, wenn ein Hund eine infizierte Zecke verschluckt. Es ist deshalb empfehlenswert, Zecken vom Hund abzusammeln. Bei gesunden Tieren zeigen sich meist keine Symptome. Grundsätzlich sind aber auch schwere Verläufe möglich.
Wo kann man sich noch informieren und was gibt es noch zu beachten?
Der Tierarzt kann umfangreich informieren. Es ist im Rahmen der Reisevorbereitung wichtig, den Tierarzt ausreichend lange vor Reiseantritt einzubinden, damit längerfristig anzugehende Maßnahmen, wie etwa notwendige Impfungen, noch berücksichtigt werden können. Impfungen müssen im EU-Heimtierpass eingetragen werden. Vor allem die Tollwut-Impfung ist ein absolutes Muss bei Reisen mit dem Hund. Für eine Reihe von Ländern werden neben der Tollwutimpfung noch zusätzliche Behandlungen, beispielsweise gegen Bandwurmbefall gefordert. Für Reisen außerhalb der EU sind gegebenenfalls weitere Vorschriften zu beachten.
Besonderheit Brexit: Die Festlegung der Bedingungen für die Einreise nach Großbritannien aus der Europäischen Union obliegt nach dem Austritt Großbritanniens dem britischen Gesetzgeber. (https://www.gov.uk/bring-pet-to-great-britain ). Bei der Rückreise gilt Großbritannien als gelistetes Drittland. (https://www.bmel.de/SharedDocs/FAQs/DE/faq-brexit-fragen-antworten/FAQ-brexit-fragen-antworten_List.html#f85508, Webseite des BMEL). Vor Reisen dorthin sollten sich Tierhalter unbedingt über die geltenden Vorschriften informieren.
Weiterführende Informationen zu den Reisebestimmungen hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf seiner Webseite zusammengestellt.
Informationen zu den einzelnen Parasiten hat ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) im Internet (
Zuletzt aktualisiert: 27/06/2024
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Weitere Informationen:
Bundesverband für Tiergesundheit e.V.
Dr. Sabine Schüller
E-Mail bft@bft-online.de
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