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Fragen & Antworten

Was ist Pharmakovigilanz?

Pharmakovigilanz ist die laufende und systematische Überwachung auf dem Markt befindlicher Arzneimittel nach ihrer Zulassung. Sie basiert hauptsächlich auf Spontanberichten von Tierärzten oder Tierhaltern. Darüber hinaus werden auch andere Quellen wie z. B. wissenschaftliche Publikationen einbezogen. Sie dient der Erkennung unerwünschter Ereignisse (UE), die im Zusammenhang mit der Anwendung eines Arzneimittels stehen, aber zu selten sind, um in klinischen Zulassungsstudien zuverlässig entdeckt zu werden. Auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Einflüsse von Co-Erkrankungen oder Rasse-spezifische Besonderheiten, die in diesen Studien nicht abgedeckt werden, können so erfasst werden. Ebenso werden unerwünschte Reaktionen beim Anwender oder in der Umwelt im Rahmen der Pharmakovigilanz bewertet. Im Fokus steht aber nicht nur die Sicherheit eines Produktes, auch ein Verdacht auf mangelnde Wirksamkeit wird untersucht.

All diese Erkenntnisse zu einem Produkt werden genutzt, um entsprechende Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können. Das Pharmakovigilanz-Meldesystem besteht für Tierarzneimittel im Grundsatz seit mehr als 30 Jahren und wurde seitdem kontinuierlich weiter ausgebaut.

Durch die systematische, europaweite Erfassung aller Meldungen wird die Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von Tierarzneimitteln auch nach ihrer Zulassung gewährleistet.

Was leistet die Tierarzneimittelindustrie im Rahmen der Pharmakovigilanz?

Es ist oberste Priorität der veterinärpharmazeutischen Industrie, die Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte, sowie das Wohlergehen und die Gesundheit aller Patienten zu gewährleisten. Jedes pharmazeutische Unternehmen, das Arzneimittel in Verkehr bringt, muss ein Pharmakovigilanz-System unterhalten, mit dem alle Informationen über Meldungen erfasst und eingeordnet werden können. Alle Meldungen werden den Behörden innerhalb vorgegebener Fristen in anonymisierter Form weitergeleitet und in einer gemeinsamen EU-weiten Datenbank erfasst. Sowohl die Unternehmen als auch die Behörden führen auf Basis der erfassten Daten regelmäßig Risikoanalysen durch.

Was soll man im Rahmen der Pharmakovigilanz melden?

Gemeldet werden sollen Verdachtsfälle unerwünschter Reaktionen oder Ereignisse im Zusammenhang mit der Anwendung eines Tierarzneimittels.

Melden sollte man zudem den Verdacht auf:

  • mangelnde Wirksamkeit
  • Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
  • potenzielle Auswirkungen auf die Umwelt
  • nicht ausreichende Wartezeit (bei Tierarzneimitteln für Lebensmittel liefernde Tiere)

Auch unerwünschte Reaktionen beim Menschen sollen gemeldet werden, d.h. wenn Tierarzneimittel etwa bei der Anwendung oder bei einem späteren engen Kontakt mit dem Tier etwa durch Streicheln oder Im-Bett-Schlafen an die Haut oder Augen von Tierbesitzern gelangen und eine Reaktion hervorrufen.

Wie können Verdachtsfälle von unerwünschten Ereignissen gemeldet werden?

Meldungen zu vermuteten unerwünschten Ereignissen (UEs) können sowohl schriftlich (z. B. online) als auch telefonisch an das jeweilige Unternehmen oder an die Behörden erfolgen. Wichtig für eine umfassende Bewertung des Falles sind genaue Angaben zum Tier und zum angewendeten Tierarzneimittel, die genaue Beschreibung der Symptome, einschließlich des zeitlichen Ablaufes und Informationen zum weiteren Verlauf. Tierhalter sollten im Verdachtsfall Kontakt mit dem behandelnden Tierarzt aufnehmen, da dieser Tier und Erkrankung kennt und den Verlauf am besten beurteilen kann. Auch können so, falls erforderlich, weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Weitere Informationen:

  • Pharmakovigilanz für Tierarzneimittel: Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL)
  • Pharmakovigilanz für Tierimpfstoffen: Paul-Ehrlich-Institut (PEI)

Welchen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit können speziell die praktizierenden Tierärzte leisten?

Vor allem die Berichte der praktizierenden Tierärzte sind wichtig für das gesamte Pharmakovigilanz-Meldesystem. Eine möglichst zeitnahe Meldung zum aufgetretenen Ereignis ist dabei sinnvoll, da hierdurch eine gute Datenqualität erreicht werden kann und ggf. noch weiterführende Untersuchungen initiiert werden können.

Um eine umfassende Bewertung des Falles zu ermöglichen, sollten Tierärzte bei jeder Meldung möglichst genaue Informationen bereitstellen. Dazu gehören beispielsweise Angaben zum Meldenden, zum Tier und Produkt und die exakte Beschreibung der Reaktion mit genauem zeitlichem Verlauf der Symptome und des Tierarzneimitteleinsatzes. All dies trägt dazu bei, dass eine gute Beurteilung des Falles stattfinden kann und somit Rückschlüsse auf die Sicherheit und Wirksamkeit eines Tierarzneimittels möglich sind.

Grundsätzlich werden Meldungen zu UEs anonymisiert behandelt. Die Kontaktdaten des behandelnden Tierarztes sowie des Tierhalters werden vom BVL bzw. PEI nur für eventuelle Rückfragen genutzt, nicht aber an pharmazeutische Unternehmen oder Dritte weitergegeben. Gleiches gilt für Meldungen, die direkt an die Unternehmen gerichtet werden, auch hier erfolgt die Weitergabe an die Behörden nur in anonymisierter Form.

Wie sieht das Risiko-Management aus?

Treten ähnliche Meldungen zu einem bestimmten Tierarzneimittel häufiger auf, kann es notwendig sein, z. B. die Packungsbeilage zu ändern oder bestimmte Warnhinweise zu ergänzen. Dies können Änderungen bezüglich der Dosierung, Gegenanzeigen, Tierart (Spezies), Anwendungsgebiet (Indikation) oder Auftreten und Häufigkeit einzelner Nebenwirkungen sein. Aus diesem Grund wird empfohlen, die Packungsbeilage auch bei Anwendung bekannter Medikamente regelmäßig anzuschauen. Enthaltene Hinweise zur Anwendung und Warnhinweise sollten unbedingt beachtet werden. Nur in seltenen Einzelfällen muss eine Zulassung ruhen oder gelöscht werden.

Was ist neu im Pharmakovigilanz-Meldesystem?

Mit der Verordnung 2019/6 über Tierarzneimittel wurde eine neue Basis für das europäische Tierarzneimittelrecht gelegt. Sie ist seit dem 28. Januar 2022 in Anwendung. Die Ziele und Grundsätze der Überwachung möglicher Arzneimittelrisiken durch die Erfassung und Bewertung aller Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Anwendung von Tierarzneimitteln bleiben unter der neuen Gesetzgebung gleich. Auch die regelmäßige Überwachung der Unternehmen durch die Behörden wird fortgeführt. Änderungen betreffen im Wesentlichen die einzelnen Abläufe, wie Meldefristen oder die Umstellung auf die neue europäische Pharmakovigilanz-Datenbank. So werden alle Meldungen – schwerwiegend und nicht schwerwiegend – nun kontinuierlich in der europäischen Pharmakovigilanz-Datenbank erfasst. Über die Einzelfallbewertung hinaus erfolgt eine Risikoabschätzung auf der Basis statistischer Analysen. Das System der Signaldetektion mit jährlicher Mitteilung in der Pharmakovigilanz-Datenbank ersetzt die bisherigen regelmäßigen Sicherheitsberichte.